Archiv für Waldorf-Pädagogik

Ohne Worte

Posted in Uncategorized with tags , , , , , on 7. April 2009 by bonifatius

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Da habe ich ja keine Worte für!

Und so beginnt in aller Regel die Philippa desjenigen, der da eigentlich keine Worte für hat. Für den Betroffenen angeklagten geplagten Geist wäre dies jetzt endlich das Zeichen für Ruhe und Besinnlichkeit. Ha! Da kann ich doch nur lachen. Denn wenn ein Politiker öffentlich diverse Missstände geißelt, sagt er gerne, das er keine Worte habe. Und dann findet er sie doch. Aufgereiht wie Perlen, verbinden sie sich zu einer nichtssagenden Syntax, die den Zuhörer am Ende mindestens genau so im Unklaren lässt, wie er es durch Schweigen des Anklägers wäre.

Da wird gestammelt, gelogen, gegeifert, Gift gespritzt und so weiter und so fort. Aber einfach gar nichts mehr sagen, dass geht dann doch nicht. Also ich habe keine Worte für so ein Verhalten.

Wobei, also genau genommen könnte ich ja bildungsbürgerlich das Synonym-Wörterbuch aufschlagen und mir die entsprechenden Vokabeln heraussuchen. Meinen wachen Geist an der grammatikalisch richtigen Zusammensetzung von Subjekten, Prädikat, Objekten, Attributen, Adjektiven, adverbialen Bestimmungen, Artikeln, Numeralien (habe ich jetzt ein paar vergessen?) feilen, und mir so bei den Bewohnern des Big-Brother-Hauses Respekt verschaffen. Die sind ja auch davon überzeugt worden, dass dieses Fernseh-Format eine existentielle Daseinsberechtigung hat, und das die Welt wissen will, was sie denken und tun. Denen kann man auch mit wohlfeil gesetztem Worte einen Kühlschrank in der Arktis verkaufen.

(By the way, (ich hoffe, ich memoriere dieses richtig): War es nicht so, dass in der ersten Staffel die Mitnahme von Lektüre nicht gestattet war? Ich bitte an dieser Stelle um Verifikation, respektive Falsifikation dieser Aussage.)

Und dann die ganzen armen Menschen, die durch die Welt laufen und ständig darauf achten müssen, was sie denn sagen. Deren politisch-korrekte Sprache ist wie ein Kuckucksei auch auf dem Weg in die Sprache und in das Verhalten aller, die sich in einem semi-publiken Raum bewegen. Man wird schief angeschaut, wenn man von Blinden spricht, weil diese nicht mehr blind sind, sondern sehbeeinträchtigt. Und überall wimmelt es von barrierefreien Zugängen. In U-Bahnen, in Behörden, im WWW sowieso. Wenn man sich dann mal so ein paar Vorgaben für einen „barrierefrien Internetauftritt“ anschaut, und als Vergleich dann zum Beispiel mal – hmmm welchen nehmen wir denn? Oh, das ist ´ne gute Idee, die Seite des LVRs – anschaut, dann frage ich mich ja schon, ob dieser dann wirklich richtig barrierefrei ist. Also mir ist da der Text zu klein, auch wenn man die Schriftgröße verstellen kann. Leider ist der Vermerk beim ersten Aufruf der Seite so klein, dass ich den nicht von vornerein gesehen habe, da die vielen bunten Bilder, welche dann folgen, mich zu stark ablenkten. Und auf den Bildern so viele politisch korrekte Menschen, die gut mit Worten umzugehen wissen, und super-schnieke Anzüge tragen, oder Kleider, falls es sich um Frauen handelt. (Ich meine damit nicht, dass man den Personen in Kleidern nicht ansieht, dass sie Frauen sind, sondern – und hier mein devoter Bückling vor der politischen Korrektheit – dass eben auch Frauen auf den Bildern zu erkennen sind — wie komme ich da jetzt raus?)

Ach egal, ich bin ja nicht dafür da, meine Worte zu erkläre. Manchmal muss es eben ein Missverständnis geben. Sonst hängen wir wie John Cleese in „Ein Fisch namens Wanda“ kopfüber aus einem Fenster und entschuldigen uns dafür, mal die Meinung gesagt zu haben.

Mitunter kreieren diferrierende Meinungen ja auch seltsame Blüten im Kommunikationsverhalten. Siehe letzter Auftritt von Ballack und Co. in Cardiff. Der Käpt´n sagt was und der Prinz schlägt um sich. Na, so ist recht. Wenn man keine Worte findet, dann haut man dem anderen mal paar auf´s Maul. Mit einem entgegeneten Vorwurf, wie im Kindergarten:

„Du bist doof!“

„Neh, selber doof!“

„Du bist aber dööfer!“

Eine Waldorf- und Montessori-Schulen-Absolventin schreitet ein:

„Liebe Kleinen, erstens heißt es doofer, dann muss noch ein Komparativ folgen und zum Schluß seiet friedfertig und erfreuet euch an der Existenz des Anderen. Nun lasst uns eure Namen tanzen.“

Ich befürchte im harten Männersport klappt das nicht als Konfliktlösungsstrategie. Die testosterongeschwängerten Idole der Sportkultur neigen dann ja dann doch eher – na sagen wir mal – zur handfesteren Auseinanderstzung mit unterschiedlichen Meinungen. Als nächstes Podolski-Special-T-Shirt beim FC Kölle kommt dann ein Konterfei von Podolski und darunter der Schriftzug : The guy, who slapped Michael Ballack!“

Ich habe ein einziges Mal in meinem Leben eine beeidruckende Interpretation des Begriffes „Ohne Worte“ gesehen. Das war in einem Warner-Brothers-Shop. Dort hing für damalige 750 D-Mark (so circa, kann auch´n bißchen mehr gewesen sein) eine Zeichnung mit den Walt-Disney-Figuren Donald, Micky, Goofy und anderen. Und sie standen neben einem einsamen Mikrophon, welches von einem Scheinwerfer angestrahlt wurde und hielten den Kopf gesenkt. Darunter stand: „Without Words“ und es wurde gezeichnet zu Ehren von Clarence Nash, der von 1933 bis 1985 der „Sprecher“ von Donald Duck war und verstorben war.

Also ich fand´s rührend und voll angemessen.

So und dafür hat die NPD wieder viel zu viele Worte gefunden und so unnütze, wie zum Beispiel: Rennicke for President!

Wenn´s nicht so unerträglich impertinent wäre von einer im wahren Sinne des Wortes „Konkurs-Masse“ (eher Konkurs-Minderheit), diesen noch unerträglicheren armseligen Idioten als Repräsentant aufzustellen, dann hielte ich es für einen großen Witz und sollte nur darüber lachen. Kann ich leider nicht wirklich.

So, ich wollte nicht viele Worte verlieren, und habe dafür um so mehr gefunden. Über dies und das, und über anderes auch noch.

Also für so ein Verhalten habe ich auch bei mir keine Worte mehr.

Muy palabras por niente!

Bonifatius